Es hat wohl noch keine Präsidentenwahl der zweiten Republik so viel nationale und internationale Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Diese Situation verwundert vor allem wegen der üblicherweise eher eingeschränkten Handlungsvollmacht dieser repräsentativen Position als Staatsoberhaupt. Trotzdem hat es noch nie einen Bundespräsidenten gegeben, der nicht aus einem der zwei großen Lager ÖVP oder SPÖ kam und die Weltpresse beobachtet gespannt den scheinbaren Kampf zweier Weltanschauungen. Auf der einen Seite steht der der nationalistische und teils Radikale FPÖler Norbert Hofer und in der anderen Ringecke bereitet sich der ehemalige Chef der Grünen, Alexander Van der Bellen, auf die Entscheidung am 22. Mai 2016 vor. Doch welche wirtschaftlichen Auswirkungen könnte die Entscheidung der Bevölkerung mit sich bringen?
Der Bundespräsident bringt Aufträge ins Land
Obwohl der Präsident nur eine repräsentative Funktion im Ausland besitzt, weiß jeder Handelsvertreter wie wichtig es ist gut zu repräsentieren, damit daraus Aufträge entstehen. Genau diese Leistung erbrachte auch Heinz Fischer bisher. Es stellt sich nur die Frage welcher folgende Präsident in diese Fußstapfen zu steigen vermag. Zum einen haben wir einen Kandidaten, der in vielen Ländern eher weniger gern gesehen wird und auf der anderen Seite eine Person, die für Weltoffenheit steht.
Entlassung des Kanzlers oder der Regierung
Im Wahlkampf ging es viel um die Unzufriedenheit mit der Schwarz-Roten-Koalition. Hofer ließ immer wieder eine Entlassung des Kanzlers durchscheinen, während Van der Bellen verneinte einen blauen Kanzler anzugeloben. Zudem hatten beide Oppositionsparteien, denen die aktuellen Kandidaten zuzuordnen sind, harsche Kritik an der aktuellen Steuerreform. Steht demnach vielleicht eine neue Reform an? Würde sich direkt etwas in wirtschaftlicher Hinsicht ändern, wenn einer der beiden Kontrahenten in die Hofburg einzieht?
Diese Fragen lassen sich schwer beantworten. Zu viele Faktoren spielen hier eine Rolle. So bedeutet zum Beispiel eine Entlassung der Regierung nicht zwangsläufig Neuwahlen. Schwarz-Rot könnte nach der Verfassung mit ihrer Mehrheit neue Personen für die Positionen vorschlagen. Die unmittelbaren personellen Auswirkungen sollten aber in jedem Fall eher gering ausfallen. Indirekten Einfluss kann jedoch jeder Präsident ausüben. So könnten viele Hochburgen der Großparteien, wie die WKO oder der ÖGB, durch diese Wahl jetzt schon geschwächt sein und bald grüne oder blaue Personen dort ein Mitspracherecht erhalten.
Wirtschaftsfaktor Flüchtlinge & EU
Angesichts dieses Punktes scheinen sich die Geister am Meisten zu scheiden. Manche empfinden die Flüchtlingswelle als finanzielle Belastung und andere als finanziellen Segen. Die Entscheidung zwischen diesen beiden Kandidaten, entscheidet auch die Sicht auf diese Herausforderung unserer Zeit und nicht zwangsläufig auf die Probleme, denen wir in den nächsten 6 Jahren begegnen.
Genau diesen Umstand sollten sich die Wähler vor Augen führen. Die Wähler haben schon den scheinbar gewünschten Schaden an der Regierungskoalition angerichtet. Jetzt geht es darum ein wenig langfristiger zu denken, denn genau so sind wirtschaftliche Fragen auf politischer Ebene gestrickt. Doch nur ein Name auf dem Stimmzettel steht für eine langfristige Perspektive und diese kann aus wirtschaftlicher Sicht ohne die EU nur trübe aussehen.